Betäubungsmittelstrafrecht
Besonderheiten des Betäubungsmittelstrafrechtes
Das heutige Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geht zurück auf das Opiumgesetz aus dem Jahre 1920. Nachdem in den 60er Jahren der "Rauschgiftkonsum" immer weiter anstieg, wurde 1972 das BtMG geschaffen und immer weiter verschärft. Dieses Gesetz ist eingebunden in zahlreiche internationale Vereinbarungen, die auf absehbare Zeit wohl auch einer meines Erachtens teilweise sinnvollen Liberalisierung im Bereich sog weicher Drogen entgegen stehen. Das BtMG selber enthält keine Festlegung der verbotenen Substanzen. Diese ergeben sich aus den Anlagen I bis III (§ 1 Abs. 1 BtMG).
Nach der gesetzgeberischen Intention ist das BtMG, ebenso wie das Opiumgesetz, zum Schutze der Volksgesundheit geschaffen worden. Angesichts der unbestreitbaren gravierenden Folgen anderer psychotrop wirkender und Abhängigkeit erzeugender Stoffe wie etwa Alkohol und Nikotin, welche nicht verboten sind, erscheint diese Begründung heutzutage zumindest fragwürdig. Im Vordergrund dürfte eher der volkswirtschaftliche Schaden infolge der sog. Begleitkriminalität sein, die jedermann treffen oder treffen können. Aber auch hier ist die Differenzierung zu den nicht verbotenen Substanzen schwer nachzuvollziehen. Die volkswirtschaftlichen Schäden durch Alkoholerkrankungen, alkoholbedingte Unfälle, nikotinbedingte Erkrankungen und die jeweils auf den Konsum der Stoffe zurückzuführenden Toten übertreffen die Folgen der sog. Rauschgiftkriminalität. Infolge alkoholbedingter Unfälle und passiven Rauchens werden auch unmittelbar Nichtkonsumenten gefährdet und geschädigt. Die ketzerische Frage liegt nahe, ob die heute verbotenen Substanzen auch dann noch verbotenen wären, wenn hier adäquate Steuereinnahmen zu erwarten wären.
Strafbar ist nur der Umgang mit den in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe (sog. Positivliste), welche jedoch laufend den veränderten "Marktbedingungen" angepasst wird.
Das BtMG enthält im Vergleich zu anderen Strafgesetzen äußerst harte Strafen. Viele Tatbestände sind als Verbrechen klassifiziert. Die Einfuhr einer sog. nicht-geringen Menge ist mit einer Haftstrafe von mindestens 2 Jahren bedroht, ebenso das Handeltreiben mit entsprechenden Mengen (§ 30 BtMG). Die Abgabe an Jugendliche oder das Beisichführen einer Waffe ist mit einer Mindeststrafe von 5 Jahren bedroht.
Diese hohen Strafandrohungen machen eine besonders sorgfältige Verteidigung erforderlich. Stets sind die Möglichkeiten eines sog. minderschweren Falles zu prüfen.
Ist der Täter selber Konsument, so ist eine verminderte Schuldfähigkeit in Betracht zu ziehen, wobei hier leicht eine Kollision mit dem Begriff der Gewerbsmäßigkeit auftreten kann. Das gleiche gilt hinsichtlich einer sog. Bewertungseinheit.
Das Gesetz sieht in § 31 BtMG besondere Strafmilderungsgründe bis hin zur (in Ausnahmefällen) Straflosigkeit. Diese Vorschrift kann aber leicht zur Selbstbelastungsfalle werden. Auch sind mögliche Konsequenzen nach Abschluss des Strafverfahrens zu bedenken.
Die Verteidigung muss auch ein Augenmerk auf die Vorschrift des § 35 BtMG legen, dem sog. Prinzip "Therapie statt Strafe".
Besondere Probleme in der praktischen Durchführung der Verteidigung bereitet häufig die eigene Abhängigkeit des Täters und der Entzug gerade im Falle der Festnahme und Untersuchungshaft. Aus medizinischer Sicht kann nach allgemeiner Erfahrung häufig nicht von einer ordnungsgemäßen Vernehmungssituation nach der Festnahme gesprochen werden. Ein entsprechender Nachweis im weiteren Verfahrensgang begegnet regelmäßig dem Problem, dass der objektive medizinische Befund nicht mehr erhoben werden kann, die Polizeiärzte häufig über keine ausreichende Erfahrung bzw. spezielle Ausbildung verfügen und der Täter, aus welchen Gründen auch immer, seine Befindlichkeit falsch darstellt. Infolge des Entzuges will der Festgenommene die Vernehmung oft einfach nur irgendwie hinter sich bringen. Die eigenen Angaben werden häufig diesem Ziel angepasst, stehen dann im Protokoll und lassen sich regelmäßig nur sehr schwer korrigieren.